Hybrid Brettspiele – Wie Apps und Brettspiele zusammenarbeiten können!
Die Idee zu sogenannten Hybrid-Spielen, also einer Kombination aus Brettspielen mit digitalen Inhalten, ist grundsätzlich nicht neu. Bereits in den 80er Jahren gab es mit dem Commodore 64 erste Versuche dazu, auch wenn es zugegeben etwas unpraktisch war seinen Computer samt unhandlichen Röhrenmonitor zum gemeinsamen Brettspielabend mitzubringen.
Seit dieser Zeit hat sich allerdings einiges geändert. Immer mehr Rechenleistung auf immer kleineren Raum lautete die Devise. Die Geräte wurden leichter, handlicher und passen in Form von Smartphones mittlerweile in jede Hosentasche. Ultraschnelle und kostengünstige Datenverbindungen machen Smartphones zum multimedialen Alleskönner. Nahezu jeder Teenager verfügt heutzutage über sein eigenes Mobiltelefon, nutzt dies im Schnitt mehr als 220 Minuten täglich (wie in einem unserer Blogartikel berichtet) und am liebsten zum Spielen von digitalen Apps.
Vom Störfaktor zum Tutor für Spielregeln
Gerade bei geselligen Brettspielabenden wird das Smartphone aber auch schnell einmal zum digitalen Störenfried, doch das muss nicht so sein! In den letzten Jahren setzen immer mehr Verlage auf die Vorteile der Kombination von analoger und digitaler Spielewelt. Entscheidend ist dabei vor allem die Frage welchen Mehrwert der Einsatz einer App für uns Spieler bringt. Bereits beim Spieleinstieg kann eine App prima in Form von Erklärvideos oder gar einer Tutorial-Runde unterstützen. So wie es auch bei Computerspielen üblich ist. Sind wir uns ehrlich, wer nutzt die eigene Zeit nicht lieber für das Spielen selbst, anstatt lange Spielanleitungen zu studieren?
So hat sich zum Beispiel das finnische Start-Up Playmore Games Inc mit seiner App „Dized“ genau darauf spezialisiert: Klassische Brettspiele mit digitalen Tutorials und Regelerklärungen den Spielern rasch und unkompliziert näher zu bringen. Dabei setzen die Finnen auch auf die Zusammenarbeit mit etablierten Verlagen wie etwa CMON, Blue Orange, Iello, Hans im Glück, Stonemaier Games uvm.
Die App als Spielleiter und Geschichtenerzähler
Einen nur kleinen Schritt weiter gehen dabei oft große Verlage die für manche Spiele digitale Zusatz-Inhalte, wie etwa eine stimmige Hintergrund-Musik oder eine zusätzliche Spielvariante, anbieten. Die Spiele bleiben zwar auch ohne App spielbar aber dies geht oftmals auf Kosten eines wirklichen spielrelevanten Mehrwerts der App. Diese Art von hybrid Spielen nutzt etwa auch der deutsche KOSMOS Verlag unter der Bezeichnung „Play it smart“. Bei der Räuber-Erweiterung für „Die Siedler von Catan“ erweckt KOSMOS die Räuber in der App digital zum Leben und erweitert das Spiel um Zufallsereignisse.
Die nächste Stufe bei der Verschmelzung von analogen und digitalen Spielen, sind aus meiner Sicht Spiele mit sogenannten Companion-Apps. Dabei übernimmt die App meist die Rolle des Spielleiters, wie etwa bei Villen des Wahnsinns von Fantasy Flight Games. Bei der ersten Edition kam das Spiel noch gänzlich ohne App aus, jedoch bei der zweiten Edition von Villen des Wahnsinns ist diese ohne App nicht mehr spielbar, dafür bietet diese allerdings spielerisch einen wesentlichen Mehrwert.
Hybrid-Spiele mit Altersanpassung und Ressourcen Management
Einen weiterer Schritt in Richtung Verschmelzung analoger und digitaler Spielinhalte macht das, mit dem Spiel der Spiele Preis 2018 ausgezeichnete Familienspiel INTERACTION. Dabei spielt die App nicht nur über 10.000 Fragen und Aufgaben aus den fünf Bereichen (Wissen, Kreativität, Sport, Social und Games) aus. Sie passt sich auch an das Alter jedes einzelnen Mitspielers an. So bekommen Kinder kindgerechte Fragen und Aufgaben und Erwachsene ihrem Alter entsprechende Spielinhalte. Jeder ist am Spieltisch, egal welchen Alters, immer gefordert aber niemals überfordert. Darüber hinaus lernt die App von INTERACTION mit jedem Mal spielen dazu und verbessert die Altersanpassung. Dank regelmäßiger Updates gibt es bei INTERACTION auch immer wieder neue Spielinhalte zu entdecken.
Bei LEADERS, ebenfalls von Rudy Games, einem Welteroberungs-Strategiespiel in der Ära des Kalten Krieges wird die App sogar als zentrales Spielelemente eingesetzt. Hier hat jeder Spieler neben einer Brettspielphase, in der er Einheiten platziert und Kämpfe ausgewürfelt werden, auch eine geheime App-Phase. In der App können die Spieler ihre gesammelten Punkte wahlweise für neue Truppen, geheime Forschungen, Diplomaten oder Spione ausgeben. Über die App werden auch geheime Allianzen geschmiedet. Die Spieler am Tisch wissen damit nie wirklich genau wer gerade mit wem zusammenspielt. Weiters passt die App die Kosten und Boni für Einheiten und Entwicklung auch automatisch an die Spieleranzahl an. Gespielt wird wahlweise mit einem oder mehreren Geräten. Ersteres geht reihum oder im Multi-Device Modus spielt jeder Spieler mit seinem eigenen Smartphone oder Tablet. Dadurch läuft die App-Phase parallel ab, es kommt somit zu keinen Wartezeiten und ermöglicht einen besseren Spielfluss.
Ein weiterer Bonus bei LEADERS ist auch die Updatefähigkeit. So erhalten die Spieler regelmäßig teils kostenlos neue Spielszenarien und weitere Funktion in der App. LEADERS verfügt zudem lediglich über einen 4-Seitigen Quick-Guide zum Spieleinstieg, den eigentlichen Spielablauf lernt man gemeinsam mit der App während des ersten Spiels.
Auch digitalisierte Brettspiele werden beliebter
Noch einen Schritt weiter gehen digitale Umsetzungen von klassischen Brettspielen. Dabei werden in der Regel die klassischen Brettspielelemente in der digitalen Welt abgebildet. Vorreiter waren hier sicherlich beliebte Klassiker wie Schach, Monopoly oder auch Risiko. HASBRO ist dazu bereits 2013 eine Kooperation mit dem Videospielgiganten EA Games eingegangen. Die französische Asmodee Gruppe geht in diesem Bereich mit dem Tochterunternehmen Asmodee Digital einen eigenen Weg. Mit über 600 digitalen Umsetzungen von Brettspielen ist Tabletopia eine der größten Anbieter in diesem Segment.
Dass diese Entwicklung keine Einbahnstraße ist haben die letzten Jahre gezeigt. Auch klassische Brettspiele haben viele Vorteile die digitale Spiele, trotz neuester Technologien wie Virtual Reality, bis dato einfach noch nicht bieten können. Allen voran natürlich die soziale Interaktion mit anderen Spielern und das haptische Spielerlebnis analoger Spiele. Kein Wunder also, dass auch Videospiele zunehmend mit Toys-to-Life auf Hybridkomponenten setzen. Als Beispiel sei hier Activision mit Skylanders angeführt.
Vorteile und Mehrwert von Hybrid-Spielen
Ich persönlich denke, dass Hybrid Spiele vor allem eine Brücke zwischen analoger und digitaler Spielewelt bauen und dem „Entweder – Oder“ ein Ende setzen. Nur weil ein Spiel eine App einsetzt ist dieses weder gut noch schlecht. Entscheidend über den Erfolg eines Hybrid-Spiels ist am Ende die Spielmechanik, der Spielspaß und natürlich der Mehrwert der App. Die wichtigsten Benefits einer App bei Brettspielen sind für mich:
Die App führt Schritt für Schritt ins Spiel ein das Lesen einer langweilige Spielanleitung entfällt
Unterschiedliche Spielvarianten, zusätzliche Spielszenarien und optionale Features sorgen für mehr Abwechslung und unendlich viele Spielmöglichkeiten
Die App kann Spielinhalte wie Fragen, Aufgaben und die Story automatisch an das Alter und den Fortschritt jedes einzelnen Spielers an.
Mit regelmäßigen kostenlosen Updates gibt es immer wieder neue Spielinhalte, Szenarien, Fragen und Aufgaben zu entdecken damit bleibt das Spiel immer aktuelle und spannend.
Die App weckt das Interesse von Kindern und Jugendliche dadurch lassen sich diese leichter für das gemeinsame Spielen an einem Tisch begeistern.
Das Smartphone oder Tablet wird zentral in das Spiel integriert und wird so vom lästigen Störfaktor zum sinnvollen Spielgerät für Alle.
Regelfragen und Unklarheiten können von der App erkannt und direkt während des Spiels erkannt und interaktiv, zum Beispiel mit Videos, beantwortet werden. Auch am Abend und am Wochenende.